gemeinsames Statement von BSN, mofair und den GÜTERBAHNEN zur InfraGO

Berlin (25. September 2023):

Angesichts der aktuellen Presseberichterstattung und der unzureichenden Einbindung der Branche zur Schaffung der gemeinwohlorientierten Schieneninfrastrukturgesellschaft InfraGO erklären

  • der Bundesverband Schienennahverkehr,
  • die GÜTERBAHNEN (Netzwerk Europäischer Eisenbahnen, NEE) und
  • mofair, der Verband der Wettbewerbsbahnen im Schienenpersonenverkehr

„Im Wortsinn ‚unerklärbar‘ ist für zentrale Eisenbahnverbände die für den Aufsichtsrat der DB AG vorgeschlagene Integration der Bahnhofstochter DB Station & Service AG in die DB Netz AG zum 1. Januar 2024. Denn von den künftigen Zielen über eine veränderte Steuerung, Finanzierung und Kontrolle bis hin zur Datentransparenz ist unklar, was an dieser Lösung ‚gemeinwohlorientierter‘ sein wird als das offensichtlich gescheiterte Modell mit den zwei bekannten DB-Aktiengesellschaften.

Die auf den ersten Blick erkennbaren Vorteile des Zusammenschlusses sind gering:

  • eine perspektivisch noch bessere DB-interne Abstimmung, wenn es um die Schnittstelle von Bahnhöfen und Strecke geht und
  • die Einhaltung des früh vom Minister genannten Starttermins.

Auch künftig in der grundsätzlich ausschließlich gewinnorientierten Rechtsform der Aktiengesellschaft agieren zu wollen, ist dagegen eine wichtige und unzureichend diskutierte Vorfestlegung.

Die Regierungsparteien hatten in ihrem Koalitionsvertrag Ende 2021 vereinbart, eine neue, gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte der Deutschen Bahn AG zu schaffen: ‚Die Infrastruktureinheiten (DB Netz, DB Station und Service) der Deutschen Bahn AG werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt. Diese steht zu 100 Prozent im Eigentum der Deutschen Bahn als Gesamtkonzern. Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktur verbleiben zukünftig in der neuen Infrastruktureinheit.‘ (Koalitionsvertrag, S. 50).

Die Verbände des Bahnsektors haben dieses Vorhaben der Koalition grundsätzlich als Chance gesehen, die Rollenverteilung zwischen dem Bund als Eigentümer und der neuen Infrastruktursparte klar zu regeln, die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Schienennetzes zu verbessern, die Schieneninfrastruktur stärker an den Nutzerinteressen auszurichten und die Entwicklung der Schieneninfrastruktur konsequenter mit den verkehrs- und klimapolitischen Zielen zu verzahnen.

Doch die weiterhin vorgesehene Weisungsbefugnis der DB AG gegenüber der neuen InfraGo konterkarieren die Eigenständigkeit und Gemeinwohlorientierung der neuen Infrastruktursparte. Dabei hilft es auch nicht, dass sich der Aufsichtsrat gegebenenfalls über das Votum der DB AG hinwegsetzen kann. Hierdurch werden erneut völlig ineffiziente Strukturen geschaffen, die eine zügige und eigenständige Gemeinwohlausrichtung behindert. Richtig wäre vielmehr, dass Gesetzgeber und Regierung nach breiter und ergebnisoffener Konsultation der neuen InfraGo auf Grundlage eines langfristigen Umsetzungsplans konkrete Vorgaben für die anstehenden Sanierungen bzw. des Ausbaus der Infrastruktur von Schienen und Stationen geben und dabei auch die Reihenfolge von zentralen Maßnahmen vorgeben.

Doch jetzt wird offensichtlich der letzte vor den notwendigen ersten Schritten gemacht. So haben beispielsweise die vom Bundesverkehrsministerium spät beauftragten Berater:innen erst im Frühsommer begonnen, ihre ersten Überlegungen durch Fragen an die Eisenbahnbranche zu überprüfen. Konkret weiß die Branche allerdings weder, welche konkreten Ziele das Bundesverkehrsministerium letztendlich verfolgt, noch welche Ideen die Berater:innen vorschlagen. Ein Zeitplan für die Lieferung des im Ministerium so bezeichneten Steuerungsrucksacks, in dem sich vor allem ein eisenbahnpolitischer Kompass, ausreichendes, abgezähltes Geld und ein geladenes Smartphone für die regelmäßige Kontaktaufnahme mit Eigentümer und Branche während der jahrelangen Tour zur Rekonstruktion einer zukunftsfähigen Eisenbahninfrastruktur befinden muss, gibt es nicht.

Für die Verbände wäre es der worst case, wenn nach dem für Donnerstag geplanten Beschluss eine DB-interne Umorganisation beginnen, alle wirklich wichtigen offenen Fragen vertagt und am Ende vielleicht sogar zur Wahlkampfmasse gemacht würden – oder aber letztendlich gar nicht angegangen werden.“

Pressekontakt
Portrait von  Dr. Matthias Stoffregen

Dr. Matthias Stoffregen

Geschäftsführer mofair e. V.

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