4. Eisenbahnpaket: Verkehrsausschuss des Europäischen Parlamentes vor dem Scheideweg

Am 26. November 2013 soll der Verkehrsausschuss des Europäischen Parlamentes seine Empfehlung für das Votum des Plenums zum 4. Eisenbahnpaket beschließen. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag der Europäischen Kommission, der im Interesse eines gemeinsamen Binnenmarktes und fairer Wettbewerbsbedingungen die Unabhängigkeit des Schieneninfrastrukturbetreibers sicherstellen und die Ausschreibung von Nahverkehrsverträgen im Schienenpersonennahverkehr verpflichtend machen will.

„Wir fordern die Mitglieder des Verkehrsausschusses auf, die Vorschläge der Kommission nicht zu verwässern oder sogar ins Gegenteil zu verkehren“, sagte Wolfgang Meyer, Präsident des Verbandes der wettbewerblichen Verkehrsunternehmen heute in Brüssel.

Grund zu erheblicher Sorge besteht. Es liegen auch Änderungsvorschläge auf dem Tisch, die die Ziele des gemeinsamen Eisenbahnmarktes torpedieren. Das betrifft vor allem die Unabhängigkeit des Aufsichtsrates und Managements eines Infrastrukturbetreibers von den Organen der Holding bzw. der Transportunternehmen eines integrierten Eisenbahnunternehmens.

Der Vorschlag der Kommission verbietet Doppelmandate in den leitenden Gremien der Einzelgesellschaften und der Holding. Die Mitglieder der Gremien dürfen auch keine finanziellen Beteiligungen an diesen Gesellschaften halten. Bei einem Wechsel von der Leitungsfunktion einer Gesellschaft zu einer anderen des integrierten Eisenbahnunternehmens ist zum Schutz sensibler Informationen eine Karenzzeit von 3 Jahren einzuhalten.

Um diese unlauteren, den gemeinsamen Eisenbahnmarkt massiv gefährdenden Praktiken beibehalten zu können, sollen der Vorschlag der Kommission unterlaufen werden. Deshalb sollen Doppelmandate und finanzielle Beteiligungen weiterhin möglich sein. Karenzzeiten für den Wechsel von einem Teilunternehmen in ein anderes zum Schutz von sensiblen Informationen sind erst gar nicht mehr vorgesehen.

Besonders über die Personalverflechtung steuern integrierte Eisenbahnunternehmen ihre Gesellschaften. Damit stellt auch die Deutsche Bahn sicher, dass sich ihre Töchter, sich an die Vorgaben der Zentrale halten müssen und deshalb keineswegs unabhängig sind. Der Vorstand der Holding ist in den Aufsichtsräten der Töchter vertreten und kann deren Vorstände nach Gutdünken entlassen, sollten sie ein Unternehmenspolitik verfolgen die dem Vorstand der Holding nicht passt.

So stellt die Holding Deutsche Bahn z. B. sicher, dass der Bahnstrom für die Wettbewerber teurer ist als für die Bahntöchter, dass Querfinanzierung zwischen DB Netz und den Transporttöchtern wird praktiziert wie z. B. beim Elektronetz Nord und dass der Vertrieb die DB-Personenverkehrsunternehmen begünstigt.

Nach dem Wortlaut der Änderungsvorschläge sollen stattdessen die Mitglieder der Leitungsgremien aufgefordert werden, keine sensiblen Informationen auszutauschen oder bei einem Positionswechsel innerhalb eines integrierten Eisenbahnunternehmens mitzunehmen.

„Das ist völlig weltfremd. Viele Kontakte und Informationen sind personengebunden, die lassen sich nicht bei einem Positionswechsel von der Person abspalten und am alten Arbeitsplatz zurücklassen, “ sagte der mofair-Präsident.

Allerdings sollen die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass die Mitglieder der Leitungsgremien eines integrierten Eisenbahnunternehmens sich die Unabhängigkeit des Infrastrukturbetreibers gewährleisten und den Schutz sensibler Informationen sicherstellen. Dazu soll ein Kodex aufgestellt werden. Sanktionen sind allerdings nicht vorgesehen.

Auch dieser Vorschlag berücksichtigt nicht, dass Mitgliedsstaaten sich verweigern könnten. So hat Deutschland bis heute das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht voll angewendet. Bereits 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht geurteilt, „eine Einflussnahme im Interesse eines (im Konzern verbundenen) Eisenbahnverkehrsunternehmens muss „unterbunden“, das heißt tatsächlich wirksam ausgeschlossen werden.“ Erforderlich sind „nicht erst wirksame Maßnahmen gegen eine konkret drohende Einflussnahme, sondern wirksame Vorkehrungen gegen jede Möglichkeit der Einflussnahme.“

Die Einflussnahme des DB-Konzerns auf den Infrastrukturbetreiber DB Netz wurde trotz des Urteils bis heute nicht beendet.

Quelle: Pressemitteilung von mofair e.V. vom 20.11.2013

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