Der Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages führt heute eine Anhörung verschiedener Sachverständiger zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Regulierung im Eisenbahnbereich durch. In der Stellungnahme, die mofair dem Verkehrsausschuss übersandt hat, werden die Absichten, die Regulierung weiter zu verbessern, durchaus anerkannt. Dennoch bleibt festzustellen, dass der Gesetzentwurf hinter den Erfordernissen einer effizienten Regulierung zurückbleibt.
Die angestrebte Anreizregulierung wird von mofair grundsätzlich für richtig gehalten. Es kann aber nicht hingenommen werden, dass wichtige große Kostenpositionen der Regulierung durch die Bundesnetzagentur entzogen werden. Damit wird die Regulierung entwertet. So bleiben die Investitionen und Unterhaltsaufwendungen, die mit Mitteln der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung getätigt werden, ebenso außen vor, wie Aufwendungen der Deutschen Bahn für die Sicherheit der Infrastruktur und die Sicherung von Arbeitsplätzen oder andere vermeintlich nicht beeinflussbare Infrastrukturkosten.
Hier muss der Gesetzgeber nachbessern. Alle Ausgaben von DB Netz müssen der Kontrolle der Bundesnetzagentur unterliegen. Zudem muss den Infrastrukturnutzern der Einwand einer unbilligen Preisfestsetzung nach 315 BGB auch weiterhin möglich bleiben
Auch beim Bahnstrom muss der Gesetzgeber die Diskriminierung durch DB Energie verbieten. Die vorgesehene Missbrauchskontrolle ist nicht ausreichend. Den Auslastungsrabatt beim Bahnstrompreis erhalten nur DB-eigene Transportunternehmen. Die Begründung ist technisch unzutreffend. Es gibt keine Mengendegression bei den Kosten des Bahnstroms. Der Auslastungsrabatt gehört verboten, so wie bereits früher die Trassencard verboten wurde, die niedrigere Trassenpreise nur für DB-Unternehmen vorsah. Beim Bremsstrom muss der Gesetzgeber für eine volles Entgelt sorgen. Dafür könnte er sich ein Beispiel an der ebenfalls integrierten Österreichischen Bundesbahn nehmen. Dort brauchen dritte Eisenbahnverkehrsunternehmen nur den Nettobezug an Bahnstrom bezahlen.
Auch das Verbot der Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung im Vertrieb ist nicht ausreichend. Es ist erforderlich, eine unabhängige Vertriebsorganisation zu etablieren, die den Vertrieb neutral organisiert. Im Internetvertrieb auf der Homepage der Deutschen Bahn finden sich immer noch Strecken, die dort nicht buchbar sind, weil sich die betreffenden privaten Eisenbahnunternehmen nicht mit der Deutschen Bahn über den Vertrieb einigen können. Die Deutsche Bahn wendet unterschiedliche Vergütungen an. Private Eisenbahnunternehmen müssen für den Vertrieb durch die Deutsche Bahn höhere Preise zahlen als umgekehrt. Außerdem ist den privaten der Vertrieb von Tickets der Deutschen Bahn in weiten Teilen untersagt.
Nicht zuletzt wird die europarechtlich geforderte Unabhängigkeit der Infrastruktur von der DB-Holding und ihren Transportgesellschaften nicht sichergestellt. Es bleibt bei den geltenden Regelungen, die den Wettbewerb behindern. Die Gewinnabführung von DB Netz in die DB-Holding wird nicht unterbunden, obwohl auf diese Weise erhebliche Steuermitteln in den Konzern geleitet werden und dem Management zur Ausweitung seiner Eisenbahntransportaktivitäten zur Verfügung stehen. Mit dem Kauf von Wettbewerbern verringert die Deutsche Bahn zudem aktiv den Wettbewerb.
Die Behauptung der Deutschen Bahn, sie habe in großem Umfang die Infrastruktur finanziert und habe deswegen Anspruch auf die Gewinne der Infrastruktur, ist nicht nachvollziehbar. DB-Holding will nach eigenen Angaben jährlich rd. 1,7 Mrd. € dem Netz für Investitionen gezahlt haben. Aber die Gewinne aus anderen Konzernbereichen betrugen laut Geschäftsberichten seit 2005 im Durchschnitt nur 1,47 Mrd. € jährlich. Die DB will also mehr in das Netz gepumpt haben, als sie selbst an Gewinnen aus Transportaktivitäten eingenommen hat.
Im Widerspruch dazu steht auch die Behauptung von DB Netz, es habe seinen Investitionsanteil aus dem Cashflow von jährlich rd. 1,15 Mrd. € selbst finanziert. Das war auch problemlos möglich, denn die Nettoinvestitionen betrugen in dem genannten Zeitraum im Schnitt rd. 0,7 Mrd. € pro Jahr.
Eine Trennung scheitert auch nicht an den Schulden, die dem Netz derzeit seitens der Deutschen Bahn zugewiesen werden, da es diese schon heute in vollem Umfang selbst bedient. Die Schulden des Netzes werden nicht von der Holding oder den Transportgesellschaften bedient, wie sich aus den Geschäftsberichten von DB Netz problemlos entnehmen lässt.
Quelle: Pressemitteilung von mofair e.V. vom 15.05.2013