Corona-Hilfen für die Eisenbahnen: Kann die EU-Kommission die Ungleichbehandlung von DB AG und Wettbewerbern verhindern?

Berlin, 20. November 2020:

Die EU-Kommission stimmt der Eigenkapitalspritze für die Deutsche Bahn AG in der geplanten Form wohl nicht zu. Nun erwarten die Schienenverbände Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) e.V. und mofair e.V. eine faire Gestaltung von Corona-Hilfen für alle Eisenbahnunternehmen.

 Medienberichten zufolge will die EU-Kommission voraussichtlich nur die Hälfte der bislang in Aussicht gestellten Zahlung in Höhe von 5 Mrd. Euro an die DB AG genehmigen. Außerdem sollen die Gelder an harte Auflagen für den Marktführer geknüpft werden.

„Wenn wenigstens die EU für die Gleichbehandlung aller Eisenbahnunternehmen sorgen würde, wäre das ein Hoffnungsschimmer für das System Schiene. Die Bundesregierung hat sich verrannt mit der Idee, nur dem Bundesunternehmen in der Corona-Krise unter die Arme zu greifen.“, sagte dazu Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Güterbahnen-Verbandes NEE.

Als „Weckruf“ bezeichnete Christian Schreyer, Präsident von mofair, die Neuigkeiten aus Brüssel. „Die tunnelblickartige Fixierung der Bundesregierung auf die DB bringt alle zunehmend in Bedrängnis. Die Wettbewerber aus offensichtlichen Gründen und so paradox es klingt – auch die DB. Schließlich hat sie mit exorbitanten Geldern gerechnet, die sie nun wohl nicht erhält. Was auch völlig richtig ist.“, so Schreyer.

Ihre Sicht haben der Dinge haben NEE und mofair wiederholt deutlich gemacht, kürzlich auch in einem gemeinsamen Brief an die Bundeskanzlerin. Dieser Brief ist explizit als Beschwerde über die Untätigkeit der Verantwortlichen aus den Ministerien für Haushalt und Verkehr zu betrachten: Bisher konnten sie nicht darlegen, warum DB AG und Wettbewerber unterschiedlich behandelt werden sollen, obwohl auch der temporäre Beihilferahmen der EU die Schaffung neuer Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Corona-Hilfen eindeutig untersagt. NEE und mofair erneuern im Schreiben ihre Forderung, die zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel in wettbewerbsneutrale Hilfen wie Trassenpreissenkungen zu leiten.

Zur Veranschaulichung: Die nicht zum Bund gehörenden Eisenbahnunternehmen halten deutlich über 50 % der Marktanteile im Schienengüterverkehr, im Schienenpersonennahverkehr handelt es sich um etwa 40 %. Diese Zahlen bekräftigen auch die Systemrelevanz aller Eisenbahnunternehmen.

„Die bislang auf den Weg gebrachten allgemeinen wirtschaftlichen Corona-Hilfen des Bundes für Eisenbahnunternehmen bieten den Betroffenen aber aufgrund der spezifischen Voraussetzungen leider keine wirksame Hilfe.“, so Ludolf Kerkeling vom NEE.

Neben der Frage nach der fairen Verteilung muss sich Bundesregierung auch mit folgenden Themen auseinandersetzen: Zu welchen Anteilen sind die Verluste der DB pandemiebedingt, zu welchen Anteilen entspringen sie Managementfehlern? Managementfehler dürfen nicht mit Corona-Hilfen finanziert werden. Um dem entgegenzuwirken, muss eine Strukturreform der DB angestoßen werden. Nur so sind die wiederum berechtigten Hilfen für die DB wegen Pandemieschäden sinnvoll angelegtes Geld. Alles andere gefährdet den Wettbewerb auf der seit 1994 liberalisierten Schiene. Gelingt die Verkehrswende nicht, schadet das allen Unternehmen.

Ebenfalls entscheidend für eine positive Entwicklung: Die Bundesregierung muss jetzt mit allen Unternehmen der Branche ein Konzept für die Stärkung der Schiene während der anhaltenden Pandemie erarbeiten. Dazu gehört auch, dass das DB-Management aus den seit Monaten niedrigeren Reisendenzahlen und Umsätzen Konsequenzen zieht. Sprich, den Aufwand und damit die Kosten senkt, statt weiterhin Geld zu verbrennen.

Das Schreiben an Frau Bundeskanzlerin Dr. Merkel finden Sie sowohl im online-Auftritt von mofair als auch des NEE.

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Dr. Matthias Stoffregen

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