„Ertüchtigung und Entflechtung“ – nicht: „Zerschlagung und Profitgier“

Breites gesellschaftliches Bündnis für Herauslösung der Netze und der Stationen aus dem DB-Konzern

Berlin (19. März 2025):

Was haben Union,[i] Grüne[ii] und FDP,[iii] Monopolkommission,[iv] Bundesrechnungshof[v] und Bundeskartellamt,[vi] der frühere thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow,[vii] die Denkfabrik „Bürgerbahn“[viii] und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer[ix] mit den Wettbewerbsbahnen gemeinsam?

Sie alle fordern eine Herauslösung der Monopolbereiche (Gleis- und Bahnstromnetz sowie Stationen) aus dem heutigen integrierten DB-Konzern.

mofair-Präsident Martin Becker-Rethmann: „Es ist inzwischen nur noch eine lautstarke Minderheit, die auf dem integrierten Konzern Deutsche Bahn beharrt. Mit dem polemischen Kampfausdruck ‚Zerschlagung‘ versucht sie, Andersdenkende zu diskreditieren und ihnen niedere Beweggründe wie ‚reine Profitgier‘ zu unterstellen.

Es ist an der Zeit, dass die Mehrheit sich auf dieses Spiel nicht mehr einlässt und die Entflechtung jetzt umsetzt: Für volle finanzielle Transparenz, was mit den Steuermilliarden für die Infrastruktur passiert, für eine starke Infrastrukturgesellschaft, die unabhängig von lähmenden Konzerninteressen agieren kann. Für ein Eisenbahnsystem mit Zukunft.“

Wenn doch eine breite Mehrheit dem Beispiel der Straße, der Energie- und Datennetze, wo es keine integrierten Konzerne mehr gibt oder noch nie gab, folgen will, warum tut sie es dann nicht? Zumal gerade der Zustand der Infrastruktur nicht eben für ein gutes und effizientes Funktionieren der Infrastruktur im Konzern spricht? Zumal gerade jetzt Milliarden in die DB-Eisenbahninfrastruktur gegeben werden sollen – und müssen! –, die unter dem integrierten Konzern solche schwachen Ergebnisse hervorbringt?

Weil es den Anhängern des integrierten Konzerns, also dem Management der DB selbst und ihrer größeren Gewerkschaft EVG gelungen ist, die Entflechtung und die Stärkung der Infrastruktursparte mit den polemischen Kampfbegriffen „Zerschlagung und Profitgier“ zu belegen. Und viele Vertreter der veröffentlichten Meinung haben diese Ausdrücke in der Vergangenheit einfach übernommen, ohne über ihren Gehalt nachzudenken. Sogar manche Befürworter der Entflechtung haben sich darauf eingelassen.

„Zerschlagung“ ist inhaltlich falsch

Wer „Zerschlagung“ sagt, verzichtet darauf, sich auf eine sachliche und konstruktive Diskussion einzulassen. Statt die sachlichen Argumente – wie finanzielle Transparenz, verbesserte Steuerung und effizientere Prozessgestaltung – in den Vordergrund zu rücken, wird mit einem reißerischen Begriff versucht, Ängste zu schüren und den Reformbedarf generell zu delegitimieren. Eine offene Debatte über die Zukunft der Schieneninfrastruktur erfordert hingegen, dass alle Positionen klar und nachvollziehbar dargestellt werden. Wer sich mit Schlagworten begnügt, versucht damit, den Blick von den konkreten Herausforderungen und den Chancen einer modernen Infrastrukturpolitik abzulenken. Es geht nicht ums Kaputtmachen, sondern im Gegenteil: Um das Ertüchtigen und Stärken der Infrastruktur. Mehr Geld – auf jeden Fall notwendig, und dann bitte in klarere Strukturen und nicht in einen dysfunktionalen, aufgeblähten Konzern.

„Profitgier“ zu unterstellen ist nicht nur falsch, sondern geradezu absurd

Weil viele Argumente für die Entflechtung traditionell von Wettbewerbshütern wie dem Kartellamt oder der Monopolkommission oder den Wettbewerbern geäußert worden sind, lag es für die Verfechter des Status Quo vermeintlich nahe, diesen „bloße Profitgier“ und „Privatisierungsphantasien“ zu unterstellen. Für sich selbst dagegen nimmt man in Anspruch, für das „Große Ganze“ zu sprechen.

Das war noch nie richtig. Keiner der Genannten hat vor, die Infrastruktur zu privatisieren. Die einzigen, die dieses einmal (teilweise) vorhatten, war die Große Koalition vor der Wirtschaftskrise 2008 ff. Im Gegenteil: Gerade die Wettbewerbsbahnen haben immer betont, dass die Infrastruktur, das Netz, der Daseinsvorsorge dient und dass dieses vom Staat ausreichend finanziert und adäquat gesteuert werden muss.

Wer in den vergangenen Monaten bewiesen hat, wie wichtig ihr „Profit“ ist, war – die konzernangehörige InFrago AG. Sie war es, die eine maximale Rendite aus dem massiv steigenden Eigenkapital herausziehen wollte. Das ging so weit, dass dieses konzerngesteuerte Unternehmen eine oberste Bundesbehörde (die Bundesnetzagentur) auf einen höheren „Profit“ (die „Obergrenze der Gesamtkosten“, die massiv steigende Trassenpreise zur Folge hat) verklagte.

Dabei hatte die Bundesnetzagentur lediglich das umgesetzt, worum der Eigentümer Bund, vertreten durch zwei Ministerien (BMDV und BMF) sie gebeten hatte, nämlich die Eigenkapitalverzinsung auf 2,2 % zu begrenzen. Die InFrago bekam im Eilverfahren Recht, und wie, um ihre „Profitgier“ nochmals zu unterstreichen, ließ sie einen Anwalt einer renommierten Kanzlei gegenüber der Bundesnetzagentur „Vollstreckungsmaßnahmen“ androhen.

 

[i] „Nächster Halt Zukunft: Eckpunkte für eine Bahnreform 2.0“, Positionspapier der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag vom 25. April 2023.

[ii] Bahn 2035. Weichenstellungen für eine starke Eisenbahn zum 200-jährigen Jubiläum“, Beschluss der Grünen Bundestagsfraktion vom 3. Dezember 2024, S. 3. Die Grünen fordern die Entflechtung nicht explizit, aber die skizzierte Beendigung der Ergebnisabführungs- und Beherrschungsverträge kommt dem sehr nahe.

[iii] Wahlprogramm der FDP zur Bundestagswahl, S. 42.

[iv] Wettbewerbshüter: Warum die Bahn zerschlagen werden sollte, Tagesschau.de vom 10.10.2024, u. v. a. m.

[v] Vor allem in „Operative Tätigkeit der „Steuerungsgruppe Transformation Deutsche Bahn AG“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr“ vom 8. Oktober 2024, aber auch in vielen anderen Berichten.

[vi]Kartellamt für Aufspaltung der Deutschen Bahn“, Spiegel Online vom 29. November 2023, Zugriff am 18. März 2025, u. v. a. m.

[vii]Die Deutsche Bahn lieber zerschlagen – Ramelow wütend über Haushalts-Pläne der Ampel“, Welt.de vom 22. August 2024.

[viii]Entflechtungsvorschlag für den Bahnkonzern ist längst überfällig“, Pressemeldung vom 5. Juli 2023.

[ix]Keine Zerschlagung der Bahn, sondern klare Strukturen für eine funktionierende Infrastruktur!“, Pressemeldung vom 14. Februar 2025.

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Dr. Matthias Stoffregen

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