Halbjahresbilanz der DB AG: Erfolge auf unbestimmte Zeit verspätet

Kein Vertrösten auf die Zukunft: Neue Bahnreform muss dringend
angegangen werden

Berlin (30. Juli 2021):

Die Halbjahresbilanz der Deutschen Bahn AG offenbart erneut große Missstände, die es abzustellen gilt. Nur die Monopolrenditen des Netzes überdecken die gravierenden Schwächen des DB-Personenverkehrs. Ohne diese, nicht zuletzt durch die Wettbewerbsbahnen gezahlten, Netzentgelte sähe die Bilanz des integrierten Konzerns noch düsterer aus.

„Pünktlich zur ersten Halbjahresbilanz 2021 ist die im Dezember letzten Jahres erhöhte Schuldenobergrenze schon wieder fast ausgereizt: Auf über 32 Mrd. Euro beliefen sich die Nettofinanzschulden der DB AG zum Stichtag 30.06.2021. Das absolut abhandengekommene Kostenbewusstsein des integrierten Konzerns muss also in immer stärkeren Maße durch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gedeckt werden. Für mofair ist eindeutig: Eine neue Bahnreform wird dringender denn je gebraucht!“, sagt mofair-Präsident Tobias Heinemann. Er ergänzt: „Corona darf zudem nicht immer und überall als Entschuldigung für das stete Ansteigen der Verschuldung hergenommen werden.“

Das erst kürzlich von der Monopolkommission ausgestellte schlechte Zeugnis für die Bahnpolitik der Bundesregierung (siehe hiesige Pressemitteilung vom 22.07.) wird durch die Halbjahresbilanz der DB AG eindrucksvoll – negativ – bestätigt. Es bedarf dringend der im Sektorgutachten geforderten Maßnahmen, wie dem Ende der Beherrschungsverträge und einer getrennten Dividendenzahlung durch die einzelnen DB-Töchter statt des Gesamtkonzerns. Anderenfalls bleibt aufgrund der Intransparenz völlig im Dunkeln, wo und womit im integrierten Konzern Geld verdient und wo es verbrannt wird.

Derzeit ist nur für Kennerinnen und Kenner ersichtlich: Dass das Ergebnis nicht noch viel schlechter ausfällt, liegt insbesondere an den regulierten Netzbereichen der DB (Schienennetz, Stationen, Bahnstromnetz). Und da alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, also auch die Wettbewerbsbahnen, diese nutzen müssen, zahlt die Konkurrenz direkt in die positiven Posten der DB-Bilanz ein.

Währenddessen sorgt insbesondere der DB-Fernverkehr für enorme Verluste (- 1.144 Mio. EUR). Diese kommen vorrangig dadurch zustande, dass die ICE und IC fernab jeglicher wirtschaftlicher Vernunft auch auf dem Höhepunkt der Corona-Krise – offenbar auf Zuruf der Bundespolitik – leer durch die Gegend fuhren. Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn auch in Krisenzeiten im Schienenpersonenfernverkehr ein Grundangebot aufrechterhalten wird. Dann aber im Wege eines fairen, transparenten und EU-Rechts-konformen Verfahrens, wie es die Republik Österreich mit der Notvergabe an die ÖBB und die parallel verkehrende WESTbahn getan hat. Oder mittels einer Branchenlösung wie dem ÖV-Rettungsschirm im Schienenpersonennahverkehr – mit dem auch die DB Regio gut leben kann.

Die vom BMVI nicht zuletzt für den DB-Fernverkehr angedachte, einseitig bevorzugende, Hilfe in Form einer Eigenkapitalerhöhung für den integrierten Konzern, ist in Brüssel krachend gescheitert und hat übergreifende Hilfen über ein Dreivierteljahr lang blockiert.

Auch für die neuen akuten Herausforderungen aus der Hochwasserkatastrophe können nur gemeistert werden, wenn es Hilfen für alle betroffenen Akteure des Systems Schiene gibt. Sie passieren auch zügig die EU-Beihilferechtsprüfung.

Wenn es doch einseitiger Finanzmittel für die Restrukturierung der DB AG bedarf, dann nur in Form von Fremdkapitel mit klaren Verwendungsauflagen, wie es im Gutachten von Thomas Ehrmann im Auftrag von NEE und mofair: Eigen- oder Fremdkapitalfinanzierung der DB AG: Eine Analyse aus Steuerzahlersicht beschrieben worden ist. Das gebietet allein schon der Respekt vor den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern.

Die Halbjahresbilanz der Deutschen Bahn zeigt eines deutlich: Wir dürfen uns nicht an die gewaltigen Verluste und die immer weiter steigende Schuldenlast des bundeseigenen Konzerns gewöhnen. Stattdessen ist eine neue Bahnreform dringend notwendig. Diskussionen darüber sind keineswegs „von Vorgestern“ (Richard Lutz in der Halbjahresbilanz-PK), sondern brandaktuell und dringend.

Die Fusion der DB-Monopolbereiche, ihre konsequente Ausrichtung auf Qualitätsziele und ihre Überführung in direkten Bundesbesitz muss unverzüglich angegangen werden. Zudem müssen die Beherrschungsverträge zwischen DB-Konzern und DB-Netz gekündigt werden, ebenso wie die Ergebnisabführungsverträge, welche die Gefahr bergen, dass Finanzmittel von der Infrastruktur zu den Verkehrsunternehmen verteilt werden.

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Dr. Matthias Stoffregen

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