Nicht tricksen beim Verkehrshaushalt: Das Wort „zusätzlich“ ist entscheidend

Mautmehreinnahmen für die Schiene verwenden statt bestehende Ansätze kürzen

 Berlin (30. Juni 2023)

 Aus einer Meldung des SPIEGELS geht hervor, dass der Verkehrshaushalt für 2024 4,9 Milliarden Euro unter dem von Verkehrsminister Volker Wissing angemeldeten Niveau liegen soll. Die Bahnverbände DIE GÜTERBAHNEN, mofair und der VCD fordern Bundestag und Bundesregierung auf, den Beschluss des Koalitionsausschusses vom 28. März 2023 ohne Wenn und Aber umzusetzen. Dort hieß es, dass die erwarteten Mehreinnahmen aus der LKW-Maut ab 2024 „weit überwiegend“ der Schieneninfrastruktur zukommen sollten. Vertreter:innen der Ampelkoalition wurden damit zitiert, dass dies „zu 80 %“ geschehen solle. Dies bedeutet ca. 6 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich für die Schiene.

Dass die insgesamt durch Verkehrsminister Wissing zugesagten 45 Milliarden Euro bis 2017 (und somit ca. 11 Milliarden Euro jährlich) wirklich kommen, lässt die Verbände zweifeln. Die Haushaltsmittel entscheiden aber darüber, ob die Sanierung des Gleisnetzes im geplanten und versprochenen Umfang vorangetrieben werden kann und ob die Digitalisierung der Schiene gelingt.

GÜTERBAHNEN-Geschäftsführerin Neele Wesseln: „Nach den vollmundigen Versprechungen von zusätzlich 45 Milliarden Euro für die Schiene bis 2027 sehen wir wieder die gleichen Muster der vergangenen Jahre: Verbales Kleckern ohne reales Klotzen für die Schiene. Das passt nicht zu den Schwüren der Ampel, die verkehrs- und klimapolitische Abwärtsspirale aufzuhalten und die Schiene zur Chefsache zu machen. Subventionsabbau, Umschichtungen und auch ein Veräußerungserlös der DB Schenker AG könnten Einnahmen generieren, damit die Ziele und Verabredungen aus dem Koalitionsausschuss vom März realisiert werden können.“

mofair-Geschäftsführer Dr. Matthias Stoffregen: „Dass die bisher getrennten Finanzierungskreisläufe Straße und Schiene durchbrochen werden und es künftig möglich wird, Schieneninfrastruktur auch mit Mitteln aus der Maut zu finanzieren, war und ist ein großer Schritt zu einer steuernden Verkehrspolitik, die Klimaschutz ernst nimmt. Quasi im selben Atemzug aber die Mittel für die Schiene anderswo wieder zu kürzen, ist absurd und macht die Bundespolitik unglaubwürdig.“

Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD: „Wer es ernst meint und Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern will, muss sich an seine eigenen Beschlüsse halten: Die Ampel-Koalition hatte zugesagt, die Mehreinnahmen aus der Lkw-Maut in Bau und Sanierung von Bahnstrecken zu investieren. Dieses Geld muss jetzt auch fließen – mit maroden Schienen aus dem vorigen Jahrhundert wird die Bahn den Anforderungen von Digitalisierung und Verkehrswende nicht gerecht.“

 

Der Beschluss des Koalitionsausschusses vom 28. März hatte in der Bahnbranche große Erleichterung gebracht, denn erstmal wurden die bisher getrennten Finanzierungskreisläufe „Straße finanziert Straße“ und „Schiene finanziert“ Schiene aufgebrochen: der „überwiegende Teil“ der erwarteten Mehreinnahmen aus der ab dem 1. Januar 2024 modifizierten LKW-Maut soll der Finanzierung der Schiene zufließen.

Dies wären gut 6 Milliarden Euro. Der Entwurf des Bundesfernstraßenmautgesetzes nimmt dies auch so auf. Dort heißt es in § 11 Absatz 2, dass die Hälfte der Einnahmen für Planungs- und Bauleistungen im Bereich der Straße (wie bisher) einzusetzen sind und die andere Hälfte „für Maßnahmen im Bereich Mobilität und dabei ganz überwiegend für Maßnahmen aus dem Bereich der Bundesschienenwege zu verwenden“ sind.

In der Begründung, Allgemeiner Teil des Gesetzesentwurfs heißt es aber: „Über die Höhe der dem Einzelplan 12 aus den Mautmehreinnahmen zusätzlich zufließenden Haushaltsmittel ist im Rahmen der Aufstellung des Bundeshaushalts 2024 und der Finanzplanung bis 2027 zu entscheiden.“

Die Haushaltsplaner des Bundesfinanzministeriums scheinen sich nun auf diese Passage zu stützen und sie gegen den eigentlichen, geplanten Gesetzestext auszulegen. So werden die zusätzlichen Milliarden nur bisherige Bundesmittel ersetzen – das Wörtchen „zusätzlich“ entfiele.

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Dr. Matthias Stoffregen

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