Signal für Bahnreform senden – Aufsichtsrat der InfraGO neu aufstellen

Eine Maßnahme für die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung

Berlin (21. Mai 2025):

Auf einem parlamentarischen Frühstück mit Abgeordneten des Deutschen Bundestags hat mofair, der Verband der Wettbewerbsbahnen im Schienenpersonenverkehr, eine Einordnung des Koalitionsvertrags aus bahnpolitischer Sicht vorgenommen. Er zieht eine durchwachsene Bilanz: Positiven Ansätzen beim Deutschlandticket stehen unklare Aussagen zur künftigen Struktur des Eisenbahnwesens in Deutschland, zur Qualität und Finanzierung der Schieneninfrastruktur sowie zu den Trassenpreisen gegenüber. Wettbewerbsfragen spielen keine Rolle.

mofair-Präsident Martin Becker-Rethmann:

„Der Koalitionsvertrag nennt viele wichtige Stichworte, gibt aber in der Verkehrspolitik weder klare Ziele noch eine eindeutige Richtung vor. Diese muss sich die Bundespolitik in den kommenden Wochen und Monaten noch sehr schnell selbst erarbeiten.

Als eine Sofortmaßnahme schlagen wir die Neubesetzung des Aufsichtsrats der DB InfraGO vor. Dabei sollen auch Nutzer des Netzes, also die Eisenbahnverkehrsunternehmen, in das Gremium einziehen und die Vertreter des DB-Konzerns durch Vertreter des Bundes ersetzt werden. Damit setzt der Bund ein erstes deutliches Zeichen, dass er es ernst meint mit einer Reform. So wird ein erster Schritt von der bisherigen ‚InFrago‘ hin zu einer echten ‚InfraGO‘ gegangen, bei der das ‚GO‘ für ‚Gemeinwohlorientierung‘ nicht nur leerer Anspruch ist.“

 

Robuste Aussage im Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD findet sich folgender Satz „Sowohl beim DB-Konzern als auch bei der InfraGO soll eine Neuaufstellung von Aufsichtsrat und Vorstand erfolgen, mit dem Ziel, mehr Fachkompetenz abzubilden und eine Verschlankung zu erreichen.“ (Zeilen 868-870). Angesichts der ansonsten koalitionsvertrags-typischen, meist sehr unverbindlichen Festlegungen verwundert es nicht, dass dieser Satz medial stark rezipiert wurde.

 

Strukturelle Probleme nicht als Personalfragen missverstehen

Es wäre aber falsch, die massiven Probleme, die das Eisenbahnsystem in Deutschland unbestritten hat, auf Personalfragen zu verkürzen. Gemeinsam mit den GÜTERBAHNEN haben wir bereits davor gewarnt, hier zu schnell zu schießen. Jeder Spitzenmanager, jede Spitzenmanagerin, die sich jetzt auf einen Vorstandsjob bei der DB AG einlassen würde, täte dies nur, wenn klar wäre, innerhalb welcher Strukturen er oder sie in den nächsten Jahren wirken kann – und entsprechende Bedingungen stellen.

Damit würde sich der Eigentümer Bund der Möglichkeit berauben, eine echte Bestandsaufnahme zu vorzunehmen. Diese braucht er aber dringend. Sie sowie die Entwicklung der seit Jahrzehnten überfälligen Eigentümerstrategie wird einige Monate brauchen.

 

Neubesetzung des InfraGO-Aufsichtsrats muss ohnehin erfolgen

Anders sieht es im Aufsichtsrat der Infrastrukturgesellschaft DB InfraGO aus: Infolge der Bundestagswahl sind einige Mandate neu zu besetzen; auch die Arbeitnehmerseite im paritätisch besetzen Gremium hat ihrerseits vor kurzem einige Neumitglieder entsandt.

Der Bund soll darauf hinwirken, dass die zehn Mandate der Anteilseignerseite nach einem neuen Schlüssel verteilt werden. Bundesfinanzministerium und Bundeswirtschaftsministerium sollten wie bisher mit einem Mandat vertreten sein. Die Zahl der Bundestagsabgeordneten, bis zum vergangenen Herbst 2024 bei einem, dann auf drei aufgestockt, sollte künftig bei zwei liegen.[1] Das Bundesverkehrsministerium als „beteiligungsführendes“ Ministerium sollte von einem auf drei Mandate wachsen. Dadurch würde der eigene Anspruch, die Entwicklung der Schieneninfrastruktur stärker zu begleiten, glaubwürdig unterstrichen. Damit würde auch einer deutlichen Forderung des Bundesrechnungshofes entsprochen.[2]

 

Neue Perspektiven: Nutzer in den Aufsichtsrat des Netzes

Die verbleibenden drei Mandate sollen mit Vertretern der Zugangsberechtigten, also im Wesentlichen der Eisenbahnverkehrsunternehmen als unmittelbarer Kunden des Netzes, besetzt werden. Auf diese Weise würde Fachwissen in das Gremium kommen, das dort heute nicht vorhanden ist. Die in Teilen miserable Qualität der Infrastruktur, der Baustellenplanung und -kommunikation und vor allem Strategien zu deren Behebung inklusive der Digitalisierung und Elektrifizierung, würden dort in ganz anderer Weise thematisiert werden. Pläne der InfraGO zur Qualitätsverbesserung würden einem viel strengeren Realisierungscheck unterworfen.

 

Bessere Steuerung: Verkehrsministerium stellt den Aufsichtsratsvorsitz

Der Vorsitz des Aufsichtsrats muss in diesem Zusammenhang von der DB AG auf das Bundesverkehrsministerium übergehen. Dieses erhält damit die Hoheit über die Gestaltung der Tagesordnung der Sitzung, also auch zur Setzung von Themenschwerpunkten. Die heute vorhandene „Zensurmöglichkeit“ des Infrastrukturvorstandes der DB AG (nicht zur Konzernlinie passende Themen werden erst gar nicht auf die Tagesordnung gesetzt), entfiele.

[1] In einem aktuellen Bericht rät der Bundesrechnungshof dazu, die Entsendung von Abgeordneten des Bundestags in Tochter- oder Enkelgesellschaften des Bundes eher restriktiv zu handhaben, da Interessenkonflikte zwischen der Rolle als Mittelempfänger – Aufsichtsratsmitglieder sind dem Wohle des Unternehmens verpflichtet – und als Mittelgeber – Abgeordnete entscheiden über den Bundeshaushalt – nicht ausgeschlossen werden können. Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO an das Bundesministerium der Finanzen: Anpassung der Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes vom 2. Mai 2025. Zugriff am 19. Mai 2025.

[2] Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages: „Einfluss des Bundes auf bedeutsame Tochter- und Enkelgesellschaften der DB AG“ vom 4. Oktober 2024. Zugriff am 18. Mai 2025.

 

Sie finden die Folien des Parlamentarischen Frühstücks hier: 250521 PF mofair

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Dr. Matthias Stoffregen

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