Sondervermögen effizient einsetzen, DB-Konzernstrukturen reformieren, Trassenpreise senken

Monopolkommission setzt die richtigen Schwerpunkte –
Bund muss sein eigenes Expertengremium endlich ernstnehmen

 

Berlin (16. Juni 2025):

Die Monopolkommission hat ihr zehntes Sektorgutachten zur Eisenbahn an Bundesverkehrsminister Schnieder übergeben. Sie fordert, Mittel aus dem Sondervermögen bei der Eisenbahn für die Modernisierung des Netzes sowie die Digitalisierung von Prozessen zu verwenden. Um die Effizienz der Mittelverwendung zu sichern, ist ihre „Minimalforderung“, dass „alle Verantwortlichkeiten rund um die Bahninfrastruktur an die DB InfraGO übergeben werden.“ Ferner soll der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der DB AG (Holding) und der InfraGO gekündigt werden.

mofair-Präsident Martin Becker-Rethmann: „Die Monopolkommission hat gesprochen, und zwar deutlich. Ihre Vorschläge zur Entflechtung sind zwar nicht neu. Sie werden aber angesichts der gewaltigen finanziellen Ressourcen, die in die bundeseigene Schieneninfrastruktur fließen, immer drängender. Dass es Quersubventionierung zulasten der Steuerzahlenden im DB-Konzern gibt, belegt die Kommission am Beispiel des Bahnbaus sehr anschaulich. Das Bundesverkehrsministerium muss sich nun zu den Vorschlägen des Gremiums äußern, und zwar zügig, nicht erst in zwei Jahren.“

Die Monopolkommission wurde durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen 1974 von einer sozialliberalen Koalition gebildet und feierte im vergangenen Jahr ihren 50. Geburtstag. Seit 2007 verfasst sie im einem zweijährigen Turnus Sektorgutachten zur Entwicklung des Eisenbahnmarkts, insbesondere zum Wettbewerb. Das tut sie nicht ungefragt: Seit dem Inkrafttreten des Eisenbahnregulierungsgesetzes 2016 hat sie durch den § 78 dazu einen gesetzlichen Auftrag.

Das Bundesverkehrsministerium ist gehalten, gegenüber dem Parlament „innerhalb einer angemessenen Frist“ (Absatz 2, Satz 2) zu den Erkenntnissen der Monopolkommission Stellung zu beziehen. Allerdings ließ sich das zuständige Verkehrsministerium bisher viel Zeit: Regelmäßig kam die Stellungnahme weit über ein Jahr nach Veröffentlichung – offenbar in der Hoffnung, dass sich dann kaum noch jemand dafür interessiert. Den einsamen Rekord hält das Gutachten von 2019, auf das das BMDV erst vier Jahre später (!) reagierte, und zwar in einem „Aufwasch“ mit dem Gutachten von 2021.

Nr. Titel des Gutachtens Veröffentlichung MoKo Zuleitung an Bundestag Stellungnahme BMVI/ BMDV an den Bundestag Zeit bis zur Stellungnahme
6 Wettbewerbspolitische Baustellen 3. August 2017 10. August 2017 20.  Dezember 2018 504 Tage
7 Mehr Qualität und Wettbewerb auf die Schiene 25. Juli 2019 6. August 2019 29. September 2023 1527 Tage
8 Wettbewerb in den Takt! 21. Juli 2021 9. August 2021 29. September 2023 781 Tage
9 Time to GO: Endlich qualitätswirksam in den Wettbewerb! 4. Juli 2023 8. August 2023 8. April 2025 644 Tage
10 Sondervermögen Schiene: Jetzt die Weichen richtig stellen! 13. Juni 2025 / / /

 

Dieses Nichtbeachten der Erkenntnisse von Expertinnen und Experten, obwohl man sie selbst beauftragt hat oder obwohl sie in obersten Bundesbehörden angesiedelt sind, ist leider eher die Regel als die Ausnahme[1]:

„Wenn das Bundesverkehrsministerium wüsste,
was das Bundesverkehrsministerium weiß“,

möchte man sagen. Weitere Beispiele sind:

Oberste Bundesbehörden: Die Arbeit der Bundesnetzagentur (Regulierungsbehörde) und des Eisenbahn-Bundesamtes (technische Aufsichtsbehörde) muss das Bundesverkehrsministerium stärker rezipieren. Gleiches gilt für das Bundeskartellamt als oberster Wettbewerbshüter im Land. Dass die Deutsche Bahn dessen Entscheidung zum Fahrausweisvertrieb auch zwei Jahre später noch immer nicht voll umgesetzt hat bzw. zu hintertreiben versucht, ist ein Skandal, dem die Politik nicht tatenlos zusehen darf.

Beschleunigungskommission Schiene: Das damalige BMDV selbst hatte 2022 eine Kommission gebeten, möglichst schnell konkrete Reformvorschläge zu erarbeiten. Wesentliche ihrer Ergebnisse, wie etwa die Idee, zwei Fonds zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur zu etablieren, wurden nicht weiterverfolgt. Stattdessen wurden mit teurer externer Beratung inzwischen drei „Umsetzungsberichte“ erstellt und auf der Website des Ministeriums „beerdigt“. Die zu Beginn der Arbeit der Kommission stehende Devise: „Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“ verhallte erneut ungehört.

Bundesrechnungshof: Mit kaum einer anderen Institution (Ministerium, oberste Bundesbehörde oder bundeseigenes Unternehmen) haben sich die obersten Rechnungsprüfer so intensiv befasst wie mit der Deutschen Bahn und ihrer (Nicht-) Steuerung durch das „beteiligungsführende“ Bundesverkehrsministerium. Nun mag nicht jede Detailkritik des BRH gerechtfertigt sein. Aber der Tenor der Berichte:

  • mangelnde Transparenz der Finanzströme innerhalb der DB,
  • mangelhafte Erfolgskontrolle der eingesetzten Bundesmittel, auch aufgrund der
  • fehlenden Eigentümerstrategie und darum die
  • Forderung nach weiterer Entflechtung

ist über die Jahre konstant und ganz offensichtlich fundiert. Aber auch hier hat das Bundesverkehrsministerium nicht erkennen lassen, dass die Anmerkungen des Bundesrechnungshofes – anders als das BMV immerhin schon im Grundgesetz (Art. 114 Abs. 2) vorgesehen – es in irgendeiner Form erreicht hätten.

Stattdessen haben die Bundesverkehrsminister in bahnpolitischen Fragen bisher immer geradezu blind auf die Vorschläge der bundeseigenen DB AG vertraut – so, als gäbe es keine anderen Experten. Das muss sich ändern.

[1] Siehe zum Folgenden unseren Vortrag bei einem Parlamentarischen Frühstück am 21. Mai 2025, v.a. Folien 35ff.

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Dr. Matthias Stoffregen

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