Koalitionsvertrag will die Schiene stärken – aber leider nicht den Wettbewerb auf der Schiene
Berlin (7. Februar 2018):
„Insgesamt können wir mit den Festlegungen zur Schiene zufrieden sein“, bewertet mofair-Präsident Stephan Krenz die Verhandlungsergebnisse. „Der Wille, die Klimaziele des Bundes vor allem mit der Eisenbahn zu erreichen, ist deutlich zu spüren.“ Besonders deutlich sei das bei der sehr ambitionierten Forderung, die Zahl der Fahrgäste im Schienenverkehr bis 2030 zu verdoppeln. „Allerdings muss man sich bei einigen Festlegungen fragen, ob sie wirklich in den bestehen Organisationsstrukturen erreicht werden können. Wir glauben, dass mehr wettbewerbliche Akzente, etwa beim Fernverkehr, noch bessere Ergebnisse bringen würden“, so Krenz.
mofair hatte im Vorfeld der Bundestagswahl eigene „10 Punkte für die Bahn von morgen“ veröffentlicht, die auf den drei „Kernforderungen“ einer Gruppe von insgesamt acht Verbänden der Bahnbranche aufbauten und sie weiter konkretisierten.
Zu den wichtigsten Aspekten: Indem die Umsetzung des Deutschland-Takts festgeschrieben wird, wird einer der Kernforderungen der Eisenbahnverbände aufgenommen. Auch dass die Politik den Zielfahrplan, d.h. das Angebot und seine Qualität bestimmt, und nicht ein einzelnes Unternehmen, ist absolut richtig. Ein logischer nächster Schritt wäre eine stärker wettbewerblich ausgerichtete Organisation des Fernverkehrs, etwa mit der Ausschreibung und Vergabe von Fernverkehrsnetzen.
Gut auch, dass sich die Koalitionäre nicht nur zur Verstetigung und Erhöhung der Infrastrukturmittel bekennen. Sie haben ferner erkannt, dass auch während des derzeitigen Abbaus des Sanierungsstaus die Kapazität des Netzes ein wichtiges und eigenständiges Kriterium sein muss, an dem die konkreten Baumaßnahmen ausgerichtet werden. Dieses soll sich nun in der neuen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV III) mit einem passgenauen Anreizsystem niederschlagen.
Einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz auf der Schiene bringt die weitere Elektrifizierung der Schienenstrecken – CDU/CSU und SPD streben eine Erhöhung der Elektrifizierungsquote von knapp 60 % auf 70 % des Netzes bis 2025 an. Die gleichzeitige Förderung von alternativen Antrieben passt dazu. Sie schafft gute Alternativen für die Strecken, bei denen eine Elektrifizierung nicht wirtschaftlich ist.
Die Digitalisierung der Schiene und des öffentlichen Verkehrs insgesamt liegt mofair ebenfalls sehr am Herzen. Daher ist eine Bundesförderung von ETCS, wie sie Union und SPD nun wollen, grundsätzlich sehr richtig, denn ETCS kann den Einstieg in eine umfassende Digitalisierung sein. Wichtig ist aber, dass von Anfang an alle Nutzer der Schiene von ETCS gleichermaßen profitieren und eine Diskriminierung ausgeschlossen wird.
Auch der Fahrausweisvertrieb kann mit digitalen Mitteln endlich zeitgemäß aufgesetzt werden. Gut in diesem Zusammenhang der Hinweis im Koalitionsvertrag auf „Open Data“. Die Deutsche Bahn muss unter dieser Überschrift nun auch den Vertrieb von Fernverkehrsfahrausweisen über alle Vertriebskanäle für dritte Unternehmen ermöglichen.
mofair begrüßt sehr, dass es künftig einen „hochrangigen Beauftragten“ für die Bahnpolitik der Bundesregierung geben soll. Auch dass erkannt wurde, dass das Bundesverkehrsministerium seine „Manpower“ im Bahnbereich aufstocken muss.
Nicht dazu passt das starre Bekenntnis der künftigen Regierung zum integrierten Konzern der DB AG. Dass die Infrastrukturgesellschaften als natürliches Monopol nicht privatisiert werden sollen, ist sicher richtig. Auch dass Prioritäten bei der Infrastruktur politisch gesetzt werden sollen, unterstützt mofair. Die Festschreibung volkswirtschaftlicher Ziele in den Satzungen der DB Netz AG, der DB Station und Service AG und der Deutschen Bahn AG als Muttergesellschaft aber werden dafür sorgen, dass die ohnehin problematische Vermischung von Infrastruktur und Betrieb im DB-Konzern weiter zunimmt und der im SPNV und im Schienengüterverkehr so erfolgreiche Wettbewerb auf der Schiene möglicherweise geschwächt wird.