Wettbewerb im Schienenverkehr hat das System Schiene insgesamt vorangebracht: Der Eisenbahnverkehr stieg im Güterverkehr seit 2002 um 40 % und im Personennahverkehr seit 1994 um 38 %. Dieses Wachstum wird vor allem von den Wettbewerbsbahnen getragen, deren Marktanteil mittlerweile auf mehr als 30 % (Verkehrsleistung im Güterverkehr) bzw. knapp 30 % (Betriebsleistung im Nahverkehr) gestiegen ist. Nur der Fernverkehr auf der Schiene ist seit 1994 von Stagnation gekennzeichnet; hier gibt es praktisch keinen Wettbewerb.
„Wenn sich die Erfolgsgeschichte der Schiene im Personen- und Güterverkehr fortsetzen soll, müssen im Eisenbahnregulierungsgesetz und im 4. Eisenbahnpaket die Signale konsequent und rechtlich verbindlich auf Wettbewerb gestellt werden“, sagten Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen, und Christian Paschen, Vorstandsmitglied von mofair, heute in Berlin bei der Vorstellung des von den Verbänden herausgegebenen „Wettbewerber-Reports Eisenbahn 2015/2016“. Insbesondere die grundsätzlich unterschiedliche Finanzierung der Infrastruktur, aber auch politisch erzeugte finanzielle Belastungen des Verkehrsträgers Schiene verhinderten die politisch gewollte Verlagerung von Verkehren auf die Schiene und gefährdeten damit die Klimaziele.
Der von der Prognos AG und der kcw GmbH erstellte Bericht benennt die Hindernisse, die einem fairen Wettbewerb entgegenstehen:
- Statt der notwendigen Senkung der Trassenpreise bewirkt der so genannte „Finanzierungs-kreislauf Schiene“ zusammen mit dem geplanten neuen Trassenpreissystem eine sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Schienentransports – s. Seiten 97 und 110;
- Die im Eisenbahnregulierungsgesetz vorgesehene gesetzliche Deckelung dieses Preisauftriebs ausschließlich im SPNV würde mittelbar zu noch stärkeren Belastungen beim Güter- und Fernverkehr auf der Schiene führen – s. Seite 111;
- Steigende Kosten für die Energiewende und den Lärmschutz, die im Schienenverkehr den Betreibern auferlegt werden, öffnen die Kostenschere zum Lkw weiter, der mit preiswertem Diesel, sinkender Lkw-Maut und einer möglichen weiteren Effizienzsteigerung durch den Lang-Lkw im Markt punktet – s. Seite 104 und 108;
- Eine straffe Regulierung ist weiterhin notwendig, wie die Behinderungen bei der Durchleitung von Bahnstrom durch die DB Energie GmbH zeigen – s. Seite 91;
- Die Staatsbahnen sollen geschont werden – die notwendige Unabhängigkeit der Infrastruktur¬betreiber wurde wie die Öffnung der nationalen Märkte im Laufe der Beratungen des Vierten Eisenbahnpakets der EU immer weiter zurück genommen – s. Seite 114;
- Das geplante Eisenbahnregulierungsgesetz würde durch die vorgesehene Beschränkung von Regulierung und Missbrauchsaufsicht schon dem in seinem Namen formulierten Anspruch kaum gerecht werden – s. Seite 105;
- In der Netzausbaufinanzierung sind auf kurze Sicht Engpassbeseitigung und Kapazitätser-weiterung für den wachsenden Güterverkehr unmöglich – s. Seite 83 und 87;
- Die – notwendige – intensive Bautätigkeit im Netz schlägt wegen mangelnder Koordination mit den Verkehrsunternehmen immer massiver auf die Qualität durch – s. Seite 93;
- Für die von der DB angestrebte Mitfinanzierung von Fernverkehrsleistungen durch die Aufga¬benträger fehlt die rechtliche Grundlage – s. Seite 71;
- Der notwendige Ausbau des Angebots im Schienenpersonennahverkehr wird auf der Basis der Einigung zwischen Bund und Ländern zur Höhe der Regionalisierungsmittel kaum möglich sein, in den östlichen Bundesländern droht sogar ein Abbau des Angebots – s. Seite 28;
- Ein verpflichtender Personalübergang von Mitarbeitern der DB Regio AG zu den Wettbewer¬bern würde dem Unternehmen ein Gesundschrumpfen zu Lasten der Regionalisierungsmittel ermöglichen – s. Seite 46;
- Die Aufgabenträger im Nahverkehr müssen ihre erfolgreichen Aktivitäten fortführen, um vergleichbare Finanzierungsbedingungen für die Eisenbahnverkehrsunternehmen in der Fahr-zeugbeschaffung zu gewährleisten – s. Seite 36;
Kerkeling und Paschen sahen daher die Notwendigkeit, dass EU- und Bundespolitik sich noch intensiver um faire Wettbewerbsbedingungen sowohl innerhalb des Eisenbahnsektors als auch zwischen den Verkehrsmitteln einsetzen müssen: „Wettbewerb hat nicht nur Zukunft, sondern er ist als Instrument alternativlos, wenn die Kosten sinken sollen, Fahrgäste und Verlader zufriedengestellt werden wollen und die Umweltziele ernst gemeint sind – und nicht der Schutz der Staatskonzerne im Vordergrund steht.“
Der Bericht ist gedruckt und elektronisch bei den Verbänden erhältlich:
www.netzwerk-bahnen.de
www.mofair.de
- Download des Wettbewerber-Report 2015/2016 (PDF, 9.415 KB)
- Competitors report 2015/2016: English abstract (PDF, 414 KB)
- Competitors report 2015/2016: Press release (PDF, 142 KB)
- Zum Vergleich:
Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. und mofair e.V. vertreten die Interessen von wettbewerblichen Verkehrsunternehmen bei der Beförderung von Gütern und Personen auf Schiene und Straße. Ihre wichtigsten Ziele sind: Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen und die Erbringung hochwertiger Verkehrsleistungen.
Quelle: Pressemitteilung von mofair e.V. und Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. vom 03.11.2015