Fahrplanwechsel: Wettbewerb im SPNV sorgt weiter für mehr Qualität

Vielerorts deutlich mehr Verkehrsleistung, Marktanteil der Wettbewerbsbahnen steigt leicht an

Berlin (12. Dezember 2022):

Mit dem Fahrplanwechsel am vergangenen Wochenende ist das Angebot im Nahverkehr für Reisende und Pendler wieder ein Stück attraktiver geworden: Neue und generalüberholte Fahrzeuge mit verbesserter Fahrgastinformation und kostenlosem WLAN, deutlich mehr Fahrten in vielen Regionen. Eine wesentliche Rolle, die gewachsenen Ansprüche der Fahrgäste und Besteller im Schienenpersonennahverkehr zu erfüllen, spielen die Wettbewerbsbahnen, die nicht zur Deutschen Bahn gehören. Sie erbringen bundesweit etwa 40 % der Leistung. Die meisten sind bei mofair organisiert.

mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Wettbewerb auf der Schiene lohnt sich für die Fahrgäste, das sehen wir in diesen Tagen wieder besonders deutlich: Mancherorts bis zu 50 % mehr Angebot, neue oder modernisierte, in jedem Fall komfortablere Züge, modernste Fahrgastinformation: So kann der Umstieg vom Auto auf Busse und Bahnen gelingen.“

Er fährt fort: „Eine große Herausforderung ist der Personalmangel. Wir tun als Branche alles, um attraktiver zu werden und unser Angebot weiter steigern zu können. Dessen Finanzierung muss aber auch geklärt werden.[1] Bund und Länder können nicht bis 2024 warten, um darüber zu beraten. Der dritte Hemmschuh ist schließlich der schlechte Infrastrukturzustand. Er wirkt sich immer deutlicher auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit aus. Hier reichen die Versprechungen der DB für einige ‚Hochleistungskorridore‘ allein nicht aus – wir brauchen eine umfassende Strukturreform hin zu einer gemeinwohlorientierten Schieneninfrastrukturgesellschaft.“[2]

Seit der Jahrtausendwende haben die von den Ländern beauftragten Aufgabenträgerorganisationen schrittweise (fast) alle Verkehrsnetze mindestens einmal, meistens bereits mehrfach in wettbewerblichen Vergabeverfahren an verschiedene Betreiber vergeben. Lag der Anteil der nicht zum DB-Konzern gehörenden Eisennbahnverkehrsunternehmen im Jahr 2002 noch bei nur 8,2 % (damals vorwiegend kommunale und landeseigene Unternehmen), so liegt er inzwischen bei rund 40 %, bezogen auf die Betriebsleistung.

Angebotsausweitungen

Es gab schon Fahrplanwechsel, bei denen zahlenmäßig mehr Linien den Betreiber gewechselt haben, aber auch dieses Mal hat sich einiges getan. Besonders hervorzuheben ist die Leistungsausweitung auf der Linie RE 1 Magdeburg – Potsdam – Berlin – Frankfurt (Oder). Statt wie bisher zwei Züge pro Stunde sind es nun derer drei, also eine Betriebsleistungssteigerung von 50 % auf einer der meistgenutzten RE-Linien Deutschlands. Gefahren werden die Züge vom neuen Betreiber Ostdeutsche Eisenbahngesellschaft (ODEG), einem Tochterunternehmen der Netinera Deutschland und der Hamburger BeNEX.

Überhaupt gibt es einige spürbare Verbesserungen der Angebotsmenge, einige Beispiele: Die von der Transdev-Tochter betriebene Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachen wächst von 5,1 auf künftig 6,1 Mio. Zugkm pro Jahr. Der von National Express betriebene Rhein-Ruhr-Express (RRX) bekommt zusätzliche Nachtverbindungen – aber auch die Waldbahn im Bayerischen Wald fährt künftig im Stundentakt statt alle zwei Stunden.

Neue und generalüberholte Fahrzeuge

Neue Fahrzeuge sind auf einigen Netzen unterwegs, neben der ODEG auch bei der Odenwaldbahn (VIAS), bei Go-Ahead Bayern in den Augsburger Netzen (hier allein 56 Züge!), bei der Regio-S-Bahn Bremen/Niedersachsen (Nordwestbahn) oder bei der Bayerischen Regiobahn in den Netzen Ammersee-Altmühltal und zwischen Traunstein und Ruhpolding. Modernisierte Züge erleben Fahrgäste etwa zwischen Wismar/Schwerin und Berlin (ODEG), im Netz Regensburg/Donautal (agilis) oder beim Trilex in Sachsen.

Weitere Trends

Der Nahverkehr wird „konnektiver“: Kostenloses WLAN ist bei den neuen und erneuerten Fahrzeugen standardmäßig vorhanden.

Der Vertrieb wird weiter modernisiert: Es gibt neue Automaten, vor allem aber mehr digitalen Vertrieb.

Wo es Betriebsübernahmen gibt, geschehen diese zunehmend „gleitend“, d. h. Alt- und Neubetreiber übergeben die Verkehre über einen längeren Zeitraum vor und auch nach dem Fahrplanwechsel. Dadurch wird das Risiko, dass es beim Übergang „klemmt“, deutlich reduziert.

 

[1] Dazu gibt es heute, am 12. Dezember 2022, eine Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestags, siehe: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw50-pa-verkehr-regionalisierungsgesetz-921244.

[2] mofair-Position dazu: https://mofair.de/wp-content/uploads/2022/01/220127-Gemeinwohlorientierung-Schieneninfrastruktur.pdf. Einen Überblick zum aktuellen Stand der Debatte bietet: https://mofair.de/wp-content/uploads/2022/11/221123-PF-GWO-aktueller-Stand.pdf.

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Dr. Matthias Stoffregen

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