Klimaschutzprogramm 2030

Das System Schiene ist mehr als die Deutsche Bahn AG

Berlin (23. September 2019):

Dass die Regierungskoalition die Schieneninfrastruktur stärken will, begrüßt mofair. Aber es kommt auf die richtigen Mittel an. „Dem integrierten Konzern DB AG jährlich eine Milliarde Euro per Kapitalerhöhung zukommen zu lassen, birgt die Gefahr massiver Wettbewerbsverzerrungen. Es kann nicht sichergestellt werden, dass diese Mittel ausschließlich der Infrastruktur zukommen. Die Deutsche Bahn hat bereits mitgeteilt, dass sie davon auch neue Züge anschaffen will.

So wird der bisher erfolgreiche Wettbewerb auf der Schiene im Regional- und im Güterverkehr abgewürgt. Im Fernverkehr würde er gar nicht erst entstehen: „Wie soll denn ein neuer Wettbewerber wie z. B. FlixMobility, der seine Züge selbst finanzieren muss, gegen die DB Fernverkehr bestehen, wenn diese ihre neuen ICE vom Bund geschenkt bekommt?“, kritisiert Christian Schreyer, mofair-Präsident. Er ergänzt: „Um die Schieneninfrastruktur zu stärken, bedarf es keiner Kapitalerhöhung. Der Bund kann notwendige Infrastrukturmaßnahmen direkt finanzieren, wie er es etwa über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung tut. Die Regierungskoalition muss endlich verstehen, dass das System Schiene mehr als die DB AG ist“, bringt Schreyer die grundsätzliche Kritik auf den Punkt.

Das Klimakabinett der Bundesregierung hat sich in einem Eckpunktepapier auf insgesamt 66 Einzelmaßnahmen verständigt, die dem Erreichen der Klimaschutzziele 2030 dienen sollen. Im besonders rückständigen Verkehrsbereich enthält es sinnvolle Maßnahmen wie die weitere Steigerung der GVFG-Mittel, die Aufstockung der Mittel in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung und die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf einen einheitlichen Satz von 7 % für alle Tickets. Im Einzelnen müssen diese Maßnahmen noch weiter konkretisiert werden, damit sie ihre Wirkung entfalten können.

Wenn der Bund dem „System Bahn“ darüber hinaus weitere Milliardenmittel zukommen lassen möchte, gibt es dafür viele mögliche Ansätze, die ohne Wettbewerbsverzerrungen umgesetzt werden können, beispielsweise:

  • ein klares Bekenntnis zur Vollfinanzierung von ETCS, auch von Bordgeräten als „rollender Infrastruktur“,
  • eine Aufstockung der Regionalisierungsmittel, damit die Länder bzw. Aufgabenträger dauerhaft Mehrleistungen im Regionalverkehr ausschreiben und bestellen können oder
  • eine wettbewerbsneutrale Finanzierung von neuen Fernverkehrszügen, um sicherzustellen, dass der Deutschland-Takt im Fernverkehr künftig auch attraktive Angebote anderer Anbieter umfasst.

Stattdessen aber haben die Koalitionäre eine Maßnahme beschlossen, die bisher in keinem Expertengremium, auch nicht im „Zukunftsbündnis Schiene“, diskutiert worden ist: Maßnahme 21, „Kapitalerhöhung DB“:

„Der Bund wird sich 2020 bis 2030 jährlich 1 Mrd. Euro zusätzlichen Eigenkapitals an der DB beteiligen. Dadurch wird die Gesellschaft in die Lage versetzt, zusätzliches Kapital in die Modernisierung, den Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes und das Bahnsystem zu investieren.“

2016/17 hatte es bereits eine Eigenkapitalspritze von 1 Milliarde Euro in zwei Etappen an die DB AG gegeben. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte seinerzeit deutlich gemacht, dass dieses eine einmalige Aktion sein sollte. Er hatte ferner festgestellt, dass die „finanziellen Ziele der Bahnreform“ der Neunzigerjahre „nicht erreicht“ worden seien. Seitdem ist die Qualität der Bahninfrastruktur nachweislich nicht besser geworden. „Warum die Koalitionsparteien nun meinen, mit der elffachen Dosierung desselben Medikaments eine bessere Wirkung erzielen zu können, erschließt sich uns nicht“, sagt mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen abschließend.

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