Bahn frei für einen gesunden Wettbewerb!

Wettbewerber kommen voran, auch wenn der Wettbewerb nicht vorankommt

Berlin, 22. Oktober 2019:

Die Wettbewerbsbahnen zur staatlichen Deutschen Bahn AG sind im 25. Jahr nach der Öffnung des Marktes durch die Bahnreform weiter auf Erfolgskurs. Anlässlich der Vorstellung des 6. „Wettbewerber-Reports Eisenbahnen 2019/20“ in Berlin hob Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) hervor, dass 2018 erstmals die „bunten Bahnen jenseits der DB mehr als 50 Prozent des deutschen Schienengüterverkehrs gefahren haben – zwei Jahre eher als wir es 2015 prognostiziert hatten.“ Christian Schreyer, Präsident von mofair e.V., wies auf 36 % Marktanteil im Schienenpersonennahverkehr hin, der auf 45 % in den frühen Zwanzigerjahren an-steigen werde. Im Schienenpersonenfernverkehr dagegen ist der Wettbewerb – anders als in einigen Nachbarländern – noch kaum vorangekommen.

Elementare Behinderungen durch die DB gebe es heute nicht mehr, fassen beide Verbandschefs die Lage im Wettbewerb auf der Schiene zusammen. Dennoch bremsen die Monopolgesellschaften der DB-Infrastrukturgesellschaften innerhalb des integrierten Konzerns den Schienenverkehr. Schreyer: „Im Eisenbahnsektor dauert Modernisierung nach wie vor viel zu lang. Geld ist wichtig, aber Innovationsförderung und -anreize sowie mehr gesunder Wettbewerb sind mindestens ebenso wichtig. Die DB beweist unfreiwillig jeden Tag, dass die Kunden mehr Wettbewerb auf der Schiene brauchen.“

Er machte deutlich, dass innerhalb des Schienenverkehrs viele Probleme im Umfeld der DB Netz entstünden. Das weiter verbesserungsfähige Baustellenmanagement, langsame Planungsprozesse für Neubauten, ständig steigende Trassenentgelte sowie eine viel zu hohe Störungsquote seien – abgesehen vom branchenweiten Personalmangel – die elementarsten Probleme der Wettbewerbsbahnen. Im Ergebnis fehle allen Eisenbahnverkehrsunternehmen, auch denen der DB, Kraft im harten Wettbewerb vor allem mit der Straße.

Verwirrung stiftet seit dem Beschluss des Klimakabinetts am 20. September die angekündigte Steigerung des Eigenkapitals der Deutschen Bahn AG um jährlich eine Milliarde Euro bis 2030. Diese Maßnahme bringt der Robustheit der Eisenbahninfrastruktur nichts. Dafür gäbe es bessere Werkzeuge, etwa die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die man entsprechend auf-stocken könnte oder ein Schienen-Infrastrukturfonds. Vielmehr sehen die Wettbewerbsbahnen die ganz konkrete Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Deutschen Bahn, weil eine zweckgebundene Nutzung des Eigenkapitals allein zugunsten der Infrastruktur nicht möglich ist. Schreyer: „Die von uns beauftragten Anwälte stehen in den Startlöchern, um zu verhindern, dass die Wettbewerbsposition der DB einseitig gestärkt wird.“

Ferner bestimmt das Eisenbahnregulierungsgesetz, dass sich der ohnehin grundsätzlich frag-würdige Renditeanspruch der Infrastrukturgesellschaften aus dem eingesetzten Eigenkapital der DB Netz AG errechnet. Die Eigenkapitalspritze dürfte also die Trassenpreise steigen lassen und verschlechtert so die Position der Schiene gegenüber der Straße – das Gegenteil dessen, was die Politik eigentlich will.

Die immer stärkere Integration der DB Infrastrukturunternehmen mit den DB Transportunter-nehmen sowie die immer engere Verwobenheit mit der Regierung behindern den Wettbewerb um die besten Ideen und eine bessere Qualität im Schienenverkehr. Daneben, so Schreyer, umgehe die massiv forcierte konzernweite Führungskräfterotation sowie wie die wesentlich ausgebauten gemeinsamen Konzernservicefunktionen wie Recht, Kommunikation und Marketing die einst be-schworenen „chinesischen Mauern“ und es besteht die Gefahr, dass DB Transportgesellschaften zu Lasten der Infrastrukturgesellschaften kostenseitig entlastet werden.

Kerkeling forderte zugleich eine Nachbesserung des Klimakonzepts: „Bürger und verladende Industrie werden aus dem Klimaschutzpaket der Bundesregierung keinen Impuls zur Überprüfung ihrer Verkehrsmittelwahl herauslesen.“ Dazu seien die Preissignale zu gering, „oder“, so Kerkeling, „eigentlich gar keine.“ So unterbiete die vom Klimakabinett verkündete staatliche Senkung der EEG-Umlage um 0,25 Cent je Kilowattstunde 2021 die in der vergangenen Woche verkündete reguläre Steigerung der Umlage um 0,35 Cent im Jahr 2020 deutlich. Auch steigende Netznutzungsentgelte werden die weit überwiegend elektrisch betriebene Schiene einseitig be-lasten. Kerkeling: „Und ob die in Aussicht gestellten multimilliardenschweren Subventionen zugunsten klimaschonenderer Straßenfahrzeuge wirklich effektiv sind, bezweifeln wir.“ Zudem sei unsicher, ob sie funktionierten und finanzierbar seien. Kerkeling warnte die Bundesregierung auch vor einer weitergehenden Subventionierung des DB-Einzelwagenverkehrs. Dieses wichtige Segment des Schienengüterverkehrs müsse modernisiert und nicht zu Tode alimentiert werden. Das Netzwerk empfiehlt, in dem für kleinere Ladungsmengen und Verlader mit Gleisanschluss besonders geeigneten Produktionssystem des Schienengüterverkehrs Teilleistungen ähnlich wie im Nahverkehr auf der Schiene auf Zeit auszuschreiben.

Die Kurzfassung des „Wettbewerber-Report 2019/20“ finden Sie unter:

Die Vortragsfolien zur Präsentation des Wettbewerber-Reports am 22. Oktober 2019 in Berlin finden Sie [hier].

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Dr. Matthias Stoffregen

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