Europäische Fern- und Nachtzüge: Warum den gleichen Fehler noch einmal machen?

mofair fordert: Einbeziehung der Wettbewerber von Beginn an

Berlin (8. Dezember 2020):

Nachtzüge können als nachhaltige Alternative zu späten Nacht- und frühen Morgenflügen ein großes Comeback erleben. Mehrere Initiativen in Europa zeigen, wie private Betreiber in erheblichem Maße dazu beitragen. Vier EU-Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, wollen jedoch zurück in die Vergangenheit: Sie kündigten heute ein neues Nachtzugkartell an, das allein aus ihren staatlichen Bahnbetreibern besteht. Dazu meint mofair-Präsident Christian Schreyer: „Ein europäisches Fern- und natürlich auch Nachtzugnetz kann sehr sinnvoll sein. Dieses dürfen aber die Staatsbahnen nichts als „closed shop“ unter sich ausmachen. Die Planungen müssen von Anfang an mit den Wettbewerbsbahnen gemeinsam vorangetrieben werden. Das gilt nicht nur für den Betrieb der Leistungen, sondern auch für den Verkauf der Fahrausweise. Nur so wird sichergestellt, dass die neue Initiative nicht zarte Pflänzchen privater Unternehmen zertritt.“

Zur Erinnerung: Im Sommer 2020 – mitten in der COVID-19-Pandemie – waren es innovative, neu in den Markt eintretende Personenzugbetreiber, die neue grenzüberschreitende Nachtzugdienste ankündigten und einführten – ohne Subventionierung durch den Steuerzahler.

Heute haben jedoch vier europäische Regierungen – die Schweiz, Frankreich, Österreich und Deutschland – ein subventioniertes, grenzüberschreitendes Nachtzugkartell angekündigt. Zum Beispiel: Die Schweiz wird ihren etablierten Betreiber SBB direkt finanzieren – ohne Ausschreibung. In der Zwischenzeit gibt Frankreich 100 Millionen Euro für die Modernisierung von Nachtzugwagen allein für die SNCF aus[1].

Europa muss aber die Schließung des Nachtzugmarktes vermeiden. mofair-Geschäftsführer Matthias Stoffregen warnt: „Die Wettbewerbssituation für die anderen, nichtstaatlichen Zugbetreiber wird sich erheblich verschlechtern – nicht nur für die Unternehmen, die schon am Markt sind, sondern auch für neu Hinzukommende.“ Wenn die etablierten Betreiber bevorzugt behandelt werden und sie sich nicht dem Wettbewerb stellen, werden sie sich wie Monopolisten verhalten, anstatt den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen.

Matthias Stoffregen fährt fort: „Wir haben es in der Vergangenheit schon einmal erlebt: Früher gab es viel mehr grenzüberschreitende Nachtzüge – bis die gleichen etablierten Betreiber sie stoppten. Warum machen diese vier europäischen Länder den gleichen Fehler noch einmal? Was wir brauchen, um ein nachhaltiges europäisches Personenverkehrsnetz auf der europäischen Langstrecken anzubieten, sind

  1. gleiche Finanzierungsmöglichkeiten für Fahrzeuge,

 

  1. niedrige Trassengebühren und

 

  1. einen unparteiischen Fahrkartenverkauf.

Mit der Innovationskraft, die der Wettbewerb mit sich bringt, wird es eine Verkehrsverlagerung auf die Schiene geben. So wäre der TEE 2.0 ein Schlüsselprojekt für den europäischen Green Deal.“

 

[1] Rail receives €4·7bn in French recovery spending package | News | Railway Gazette International

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Dr. Matthias Stoffregen

Geschäftsführer mofair e. V.

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