Koalitionsvertrag umsetzen, Fehlsteuerung beenden

DB Habjahresbilanz weist auf katastrophale Zustände hin. Hübsche Zahlen von DB Schenker dürfen nicht von eigentlichen Problemen ablenken.

Berlin (29. Juli 2022):

Die Deutsche Bahn AG hat gestern ihre Halbjahresbilanz vorgestellt. Während die nicht-Eisenbahntochter DB Schenker mit positiven Zahlen dafür sorgt, dass der Gesamtkonzern scheinbar gut dasteht, ist das „Brot-und-Butter-Geschäft“, die Eisenbahn in Deutschland, weiterhin desaströs: Die Transporttöchter im Personenverkehrsbereich dürfen weiter ungerechtfertigt von der endlosen Bonität des Bundes profitieren und das Netz ist marode wie nie zuvor.

„‘Die Eisenbahnverkehrsunternehmen werden markt- und gewinnorientiert im Wettbewerb weitergeführt.‘, so verlangt es der Koalitionsvertrag, doch davon ist schlicht nichts zu spüren. Stattdessen sind DB Fernverkehr, Regio und auch DB Cargo Nutznießer der guten Bonität, die der Konzern als Staatsunternehmen innehat.“ so mofair-Präsident Tobias Heinemann. „Sie fahren auch weiterhin in jeder Bilanz Verluste ein, was sich ein wirklich marktorientiertes Unternehmen nie erlauben könnte.“

Damit hören die Probleme jedoch nicht auf, denn, so Heinemann weiter: „Nicht nur, dass die DB-Verkehrsunternehmen dadurch einen unfairen Konkurrenzvorteil genießen, die Wettbewerber haben auch noch an anderer Stelle das Nachsehen: Neben DB Schenker existiert ein weiterer Gewinnbringer im Konzern, die DB Netz. Deren positive Ergebnisse werden aber von allen Nutzern der Gleise gezahlt, also auch von den Wettbewerbsbahnen.“

Die DB hat inzwischen selbst erkannt: Die Infrastruktur ist „eingeschränkt, überaltert und störanfällig“.[1] Der Grund für diese Diagnose und die zahlreichen Einschränkungen im Streckennetz, unzureichenden Kapazitäten, Mängel im Management von Baustellen u. v. a. m. liegt auf der Hand: Hier wurde Wirtschaftsergebnis zu Lasten der Qualität erzielt.

Statt dieses Problem aber an der Wurzel zu packen, stiegen stattdessen die Gewinne bei der DB Netz aufgrund von u. a. „preisbedingt höheren Erträgen“,[2] also durch noch weiter gestiegene Trassenpreise – völlig losgelöst vom miserablen Qualitätsniveau. Dieser Zustand ist unhaltbar und eine Katastrophe für die Verkehrswende. Richtig wäre eine unverzügliche Absenkung der Schienenentgelte für die Nutzer auf 80 %, bis sich der Zustand bessert, so auch von mofair im Juni gefordert.[3] Perspektivisch müssen die Trassenpreise dann auf Grenzkostenniveau abgesenkt werden.

Dies würde auch dem Koalitionsvertrag entgegenkommen, der für die Infrastruktursparten, aber nur für diese, eine Gemeinwohlorientierung vorsieht. Stattdessen fahren die DB Fernverkehr und DB Regio fortwährend negative Betriebsergebnisse in dreistelliger Millionenhöhe ein.[4] So erhalten die konzerninternen Unternehmen aber unfaire und unberechtigte Vorteile, die dem Sektor als Ganzes schaden.

Der Bundesverkehrsminister muss sich der zur Chefsache erklärten Aufgabe annehmen und dafür Sorge tragen, dass dem Koalitionsvertrag genüge getan und dieser vor allem endlich vollumfänglich umgesetzt wird. Mit Transporttöchtern, die fernab jeder Vernunft Verluste einfahren und einer Infrastruktur, die mit der notwendige Verkehrswende vollends überfordert ist, wird dem Klima mehr geschadet als genutzt.

 

[1] Handelsblatt, 145/2022, S. 7.

[2] Deutsche Bahn, Integrierter Zwischenbericht Januar – Juni 2022, S. 42.

[3] https://mofair.de/pressemitteilungen/#presse/pressemitteilungen/schlechtleistungen-der-db-netz-wirtschaftliche-folgeschaeden-begrenzen/.

[4] Deutsche Bahn, Integrierter Zwischenbericht Januar – Juni 2022, S. 30, 32.

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